Mit dem „Kaktus des Jahres“ soll diese interessante Pflanzenfamilie in Erinnerung gerufen werden, von denen viele Arten in ihren Heimatländern vom Aussterben bedroht sind. Die Kakteen-Gesellschaften zahlreicher Länder setzen sich dafür ein, dass sie zumindest in Kultur erhalten bleiben.
Als Kaktus des Jahres 2009 haben die Kakteen-Gesellschaften in Deutschland, Österreich und der Schweiz gemeinsam die „Königin der Nacht“ (Selenicereus grandiflorus) ausgewählt.
Seinem volkstümlichen Namen „Königin der Nacht“ macht dieser Kaktus alle Ehre. Tagsüber das hässliche Entchen unter den Kakteen, mausert er sich zur Blütezeit nachts zu einem schönen Schwan. Mit seinem schlangenartigen, graugrünen Körper von etwa 2,5 cm Durchmesser wird er von Laien meistens als langweilig oder gar hässlich eingestuft. Wenn sich jedoch zur Blütezeit im Frühling und im Hochsommer die prachtvollen Blüten – innen cremeweiß, außen gelblich – entfalten, die einen Durchmesser bis zu 30 cm haben können und einen angenehmen Vanilleduft ausströmen, ist das Erstaunen groß. Die strahlenförmigen Blüten öffnen sich bei beginnender Dunkelheit relativ rasch, haben bis Mitternacht ihre volle Größe erreicht und sind bei Tagesanbruch bereits wieder verblüht.
Da der „großblumige Mondkaktus“, so die Übersetzung seines botanischen Namens, inzwischen in zahlreichen Wohnungen und Gewächshäusern Einzug gehalten hat, werden oft kleine Partys gefeiert, auf denen man der Öffnung der oft zahlreichen exotischen Blüten mit einem Glas Sekt in der Hand entgegenfiebert, um damit gleichzeitig die Enttäuschung darüber zu mildern, dass diese Pracht in einigen Stunden schon wieder Vergangenheit ist.
Nicht unerwähnt bleiben sollte die pharmazeutische Nutzung der Blüten und der neuen Triebe. Das hieraus gewonnene Mittel wirkt krampflösend auf die Herzkranzgefäße und steigert die Durchblutung. Noch in den 60er und 70er Jahren wurde die Pflanze zum Beispiel in einem süddeutschen pharmazeutischen Werk zu diesem Zweck angebaut, in Ostdeutschland sogar bis zur Wende 1989.
Bereits 1753 wurde diese Pflanze als Cactus grandiflorus von Carl von Linné beschrieben. Als Herkunft wurden Jamaica und Veracruz (Mexiko) angegeben. Heute wissen wir um eine wesentlich weitere Verbreitung: Ihre Heimat liegt im Bereich der gesamten nördlichen Karibik [von Mexiko (Veracruz) über die Großen Antillen (Kuba, Jamaika, die Dominikanische Republik, Haiti) bis in den nordöstlichen Bogen der Kleinen Antillen]. Außerdem gibt es einige wenige Funde in Südflorida und auf den Bahamas. Eine Unterart ist auch aus Guatemala und Honduras bekannt (subsp. hondurensis). Die Unterart subsp. donkelaarii kommt auf der Yucatan-Halbinsel bis nach Belize vor, die Unterart subsp. lautneri ist aus Oaxaca und Chiapas (Mexiko) bekannt.
Hier wächst sie mit ihrem schlangenartigen und manchmal bis zu mehreren Metern langen Körper kletternd und herabhängend auf Bäumen und Felsen. Mit ihren Luftwurzeln klammert sie sich am Wirtsbaum fest und zieht aus dem Humus der Astgabeln und Felsspalten ihre Nahrung. Der Baum selbst wird dabei durch den „Untermieter“ weder geschädigt noch gestört.
Die Pflege dieser Pflanze in der Kultur ist auch in der Wohnung relativ problemlos. In den Wintermonaten wird hell und trocken bei etwa 10 bis 14 Grad Winterruhe gehalten. Dafür eignen sich Treppenhäuser, Wintergärten oder ungeheizte Schlafzimmer. Deutlich tiefere Dauertemperaturen als 10 Grad sollten jedoch vermieden werden. Eine Überwinterung am Wohnzimmerfenster über der Heizung beeinträchtigt die zur Blütenbildung notwendige Winterruhe und verhindert den sommerlichen Blütenerfolg. Mit beginnendem Frühling am sonnigen Fenster sollte man dann die nahrhafte humose Erde häufiger gießen und auch etwas düngen. Übliche Blumen- oder Kakteendünger sind dafür bestens geeignet. Die rasch wachsenden schlangenartigen Triebe kann man in einem künstlichen Geflecht bändigen, um den Platzbedarf der Pflanze nicht zu weit ausufern zu lassen. Häufiges Nebeln in der Wachstumsperiode sowie hohe Luftfeuchtigkeit und Wärme verbessern deutlich die ersehnte Knospenbildung.