Es gibt nicht nur einen Vogel des Jahres, ein Unwort des Jahres oder einen Truck des Jahres, es gibt auch einen Kaktus des Jahres. Jedes Jahr verleiht die Deutsche Kakteen-Gesellschaft diesen Titel einem Kaktus, der allgemein bekannt, pflegeleicht und bestens dafür geeignet ist, das Hobby „Kakteensammeln“ zu repräsentieren.
Epikakteen (hierzulande oft auch „Phyllokakteen“ genannt) sind nicht nur bei ausgesprochenen Kakteensammlern zu finden. Auch der „normale“ Blumenliebhaber hat oft das eine oder andere Exemplar dieser Pflanze im Garten oder auf der Terrasse stehen und freut sich Jahr für Jahr über die Blütenpracht. Die Bezeichnung „Blattkaktus“ ist eigentlich botanisch nicht korrekt, da es sich bei dem abgeflachten Körper nicht um Blätter, sondern um die an das Klima angepassten, flachen Sprosse der Pflanzen handelt. Aus den Einkerbungen dieser Flachtriebe entwickeln sich die Blüten in allen Farben. Nur Blau tritt nicht auf, da die hierfür benötigten Farbstoffe, die Anthozyane, die bei anderen Blumen für blaue Blüten sorgen, bei den Kakteen komplett fehlen.
Die Ausgangsformen dieser Kreuzungen sind in den Urwaldgebieten von Mexiko bis Brasilien beheimatet, wo sie überwiegend als „Aufsitzer“ (Epiphyten) auf Bäumen wachsen. Als Anfang des 19. Jahrhunderts die ersten Kreuzungen unter den damaligen Gattungen Nopalxochia und Heliocereus durchgeführt wurden, war es nur möglich, Rottöne hervorzubringen, da alle Elternpflanzen rot bzw. rosa blühten. Erst um 1840 kam das gelblich weiß blühende Epiphyllum crenatum nach Europa, das dann die Farbpalette bei den Hybriden erheblich erweiterte.
In der Folgezeit wurden vermehrt Arten aus anderen Gattungen eingekreuzt, u.a. der „Schlangenkaktus“ Aporocactus flagelliformis oder die „Königin der Nacht“ Selenicereus grandiflorus, was den Hybridenzüchtern weitere Farbschattierungen und Blütenformen einbrachte. Da inzwischen die ursprünglichen Epiphyllum-Arten nur mehr in geringem Ausmaß an der Züchtung beteiligt sind, hat sich international für diese Kakteen die Bezeichnung Epicactus eingebürgert. In englischsprachigen Ländern heißen sie im Volksmund auch „orchid cacti“ (Orchideenkakteen), was die Wertschätzung der prächtigen, oft bis weit über 20 cm großen Blüten beweist.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts galt Deutschland als das klassische Land der Hybriden-Züchtungen. Dann verlagerte sich der Schwerpunkt nach Amerika (Kalifornien), wo nach dem Krieg eine Unmenge von Kreuzungen durchgeführt wurde, kurioserweise häufig mit ehemals deutschen Züchtungen als Kreuzungspartner. Es entstanden Spezialgärtnereien mit einem breit gefächerten Angebot, was die Leidenschaft für diese Pflanzen auch in unserem Land wieder anfachte. Wie groß das Interesse an diesen spektakulären Kakteen ist, sieht man daran, dass bei der amerikanischen Zentralstelle bereits über 9000 Züchtungen registriert sind. Der interessierte Sammler findet inzwischen auch bei uns ein großes Angebot, und Züchter aus Deutschland, England und den Niederlanden sorgen ebenfalls dafür, dass ständig neue, prächtige Blütenfarben und -formen entstehen.
Aufgrund ihrer Blütenpracht und ihrer weiten Verbreitung nicht nur bei den Kakteensammlern wurden die „Blattkaktus-Hybriden“ von den Kakteen-Gesellschaften in Deutschland, Österreich und der Schweiz zum „Kaktus des Jahres 2011“ gewählt.
Weitere Auskünfte erteilt gerne die
Deutsche Kakteen-Gesellschaft e. V.
Bachstelzenweg 9
D – 91325 Adelsdorf
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E-Mail: gs@dkg.eu